„Eine Person aus dem verrauchten Bereich gerettet“, hallt es über den Abtenauer Platz in Münster/Hessen. Die Meldung wird von den Wertungsrichtern genau verfolgt und beurteilt.
Münster – Am Samstagmorgen herrscht Wettkampfatmosphäre auf dem großen Areal hinter dem Feuerwehrhaus. Angesagt ist die Leistungsübung des Landkreises Darmstadt-Dieburg, bei der neun Teams, darunter aus Reinheim, Groß-Umstadt, Ober-Ramstadt, Seeheim-Jugenheim oder Dieburg, dabei sind.
Reinheim sowie die Gastgeber aus Münster gehen sogar mit zwei Mannschaften an den Start. Nur der Sieger qualifiziert sich für den Bezirksentscheid, weshalb die Konzentration dementsprechend hoch ist. Wer auch dort erfolgreich abschneidet, darf sich im Anschluss mit den besten Mannschaften aus Hessen im Landesentscheid messen.
Die Feuerwehrleistungsübung besteht immer aus einem theoretischen und einem praktischen Teil. Bei Letzterem wurde ein Wohnungsbrand mit der Rettung einer verletzten Person simuliert, hinzu kam ein Brandangriff, für den eine Leiter gestellt werden musste.
Was erst einmal relativ simpel und unkompliziert klingt, hat es in der Übung und erst Recht im Ernstfall in sich. „Denn jeder Handgriff und alle Befehle sind in der Dienstvorschrift genau festgelegt. Das muss heute in besonderer Weise abgerufen werden“, weiß Stefan Hebeling, Mitglied der Münsterer Einsatzabteilung und Vorsitzender des Feuerwehrvereins. So gelten beim Stellen und Besteigen einer Leiter eine Vielzahl von Vorschriften, die Unfälle verhüten und der Eigensicherung Vorschub leisten sollen.
„Wird auf der Leiter gespritzt, besteht die Gefahr, dass der Feuerwehrmann von der Leiter fällt. Das hängt mit dem Rückstoß des Strahlrohrs zusammen“, erläutert Hebeling. Deshalb müssen dem „Wasser marsch“ umfangreiche Sicherungsmaßnahmen vorausgehen. Auch beim Ausrollen der Schläuche gibt es einiges zu beachten, etwa dass sich bestimmte Exemplare nicht überkreuzen dürfen.
Zum Wettkampfszenario gehörte eine imaginäre Leitstelle, die von Wertungsrichtern besetzt war und die mit dem jeweiligen Gruppenführer in Kontakt stand. Ihm kommt bei den Einsätzen eine Schlüsselaufgabe zu, da er wichtige Informationen, etwa über das Feuer oder ob weitere Einsatzkräfte benötigt werden, weitergibt.
Auffällig war, dass sich die Feuerwehrmänner stellenweise auf den Knien rutschend fortbewegten. Dazu Hebeling: „Die gebückte Haltung ist in verrauchten Zimmern ohne Sicht vorgeschrieben. Zum einen ist in dieser Höhe der Rauch weniger dicht, zum anderen wird das Anstoßen und Hinfallen verhindert.“
„Nach Fastnacht haben wir angefangen, uns auf die Leistungsübung vorzubereiten“, berichtet Peter Groh, der Kopf der Münsterer Wettkampfmannschaft. Der Abtenauer Platz erwies sich durch seine Ausmaße als prädestiniert für die Veranstaltung. „In den 80er und 90er Jahren gab es eine Zeit, da war die Leistungsübung jedes Jahr in Münster“, erklärt Michael Sühl, Pressesprecher der lokalen Blauröcke. Andere Feuerwehren, die in der Vergangenheit ebenfalls als Ausrichter fungierten, behalfen sich mit Sport- oder Festplätzen.
Die neun Teams vom Wochenende erwiesen sich in Bezug auf die insgesamt 72 Feuerwehren, die im Landkreis Darmstadt-Dieburg existieren, zahlenmäßig als ausbaufähig. Der stellvertretende Kreisbrandinspektor Matthias Maurer-Hardt zeigte sich trotzdem zufrieden: „Der Standard in den letzten Jahren sind rund zehn Mannschaften. In der Vergangenheit hatten wir aber auch schon 15.“
Man dürfe nicht vergessen, dass eine Wettkampfmannschaft noch zum normalen Feuerwehrdienst hinzukommt. Das mache die Sache zeitintensiv und aufwendig. Die Worte von Maurer-Hardt können die Münsterer Aktiven bestätigen: Nach einer längeren Pause nehmen sie erst seit wenigen Jahren wieder an der Leistungsübung teil. Vor der Pandemie ging es zweimal ins Rennen. Eine Qualifikation für den Bezirksentscheid steht noch aus. Ein Weiterkommen ist äußerst schwierig, da dies fast immer nur dem Erstplatzierten winkt.
Am Wochenende ging Seeheim-Jugenheim als Sieger hervor, darauf folgten Reinheim II und Dieburg. Die beiden Teams aus Münster belegten den sechsten und den siebten Rang. „In der Praxis waren wir jeweils vorne mit dabei, bei der Theorie hätte es etwas besser laufen können“, sagt Pressesprecher Michael Sühl. Der theoretische Teil bildet meist die größte Herausforderung, da der Themen-Pool mit hunderten von möglichen Fragen sehr umfangreich ist. Seeheim-Jugenheim kam auf 99,7 Prozent bei der maximalen Gesamtpunktzahl, das beste Münsterer Team errang 94,1 Prozent. „Das zeigt, dass die Leistungen aller Teilnehmer recht eng beisammen liegen und oft nur Kleinigkeiten über die Platzierung entscheiden. Letztlich gehört natürlich auch immer ein bisschen Glück dazu“, ergänzt Sühl. (Michael Just)
Quellen:
Text: Offenbach-Post vom 22.05.2023
Bilder: Freiwillige Feuerwehr Münster