Gerangel um weiteren Notarzt

Bericht und Foto Darmstädter Echo vom 12.12.2009

Rettungsdienst: Noch gibt es nur ein Auto an der Kreisklinik in Groß-Umstadt – ,,Wertvolle Zeit verstreicht, bis Hilfe kommt"

DARMSTADT-DIEBURG. An der Kreisklinik in Groß-Umstadt steht das einzige Notarzt-Einsatzfahrzeug (NEF) für die Osthälfte des Landkreises Darmstadt-Dieburg. Ein zweites ist in Jugenheim für einige Westgemeinden stationiert. Kein Wunder, dass das nicht reicht, für gut zehn Orte und mehr als 100.000 Menschen im östlichen Einzugsbereich. Zumal nur ein zweiter paralleler Notfall eintreten muss, und schon kann nur noch Hilfe von außen angefordert werden. Das geschieht mehr als 500 Mal im Jahr, wie der Bevollmächtigte der Rochus-Klinik in Dieburg, Markus Bazan, auf Anfrage dem ECHO erläutert.

Vom katholischen Krankenhaus geht deshalb die Initiative aus, ein zweites NEF im Kreis zu installieren. ,,Wir wären dazu in kürzester Zeit bereit, die Notwendigkeit ist längst von der Fachabteilung des Kreises sowie von den Krankenkassen anerkannt, und doch können wir nicht loslegen, um die Rettungszeiten zu verkürzen", sagt Bazan. Bis Hilfe aus Jugenheim, Darmstadt, Seligenstadt oder anderen NEF-Standorten kommt, dauere es etwa zwanzig Minuten. ,,Aber es kommt auch vor, dass wir 30 Minuten auf den Notarzt warten müssen. So verstreicht wertvolle Zeit. Das ist ein Unding, könnte längst abgestellt sein. Aber immer wieder wird die Lösung verschoben", schildert ein Rettungssanitäter die Situation.,,Der Kreisausschuss entscheidet, ob und wo ein weiteres NEF im Kreis installiert wird", sagt Landrat Klaus Peter Schellhaas, der an der Spitze dieses obersten Verwaltungsgremiums steht. Doch vor einer Entscheidung müsse der Ärztliche Leiter Rettungsdienst für Darmstadt und Darmstadt-Dieburg, Edgar Müller, seine Stellungnahme abgeben. Unstrittig sei, dass ein zusätzliches Notarztfahrzeug erforderlich ist. Unklar sei aber noch der Standort: Muss es Dieburg sein – oder eher Reinheim? Da es sich um ein ,,richtungsweisendes Gesamtkonzept für den Landkreis" handele, so der Landrat, müssen alle Beteiligten einbezogen werden. ,,Dies war bedauerlicherweise zunächst bei der Ausarbeitung des Konzeptes durch das Rochus nicht der Fall. Inzwischen haben sich die Kliniken in Dieburg und Groß-Umstadt auf eine Kooperation in dieser Frage verständigt", so Schellhaas.Dieburgs Klinikleiter Bazan hingegen verweist auf eine Angebotsabfrage verschiedener Anbieter durch den Landkreis im April 2009. Demnach sei das Angebot des Rochus – bei reiner fachärztlicher Besetzung durch Notärzte der Intensivstation – das günstigste. Deshalb gebe es auch das Ja der Kostenträger. Doch Ende April 2009 habe die Kreisklinik Groß-Umstadt interveniert, da sie die Zuständigkeit für die notärztliche Versorgung ausschließlich bei sich sehe. Anfang Dezember gab es nun eine Gesprächsrunde zwischen Vertretern des Landkreises, der Kreiskliniken und dem Rochuskrankenhaus, zu der Dieburgs Bürgermeister Werner Thomas in Abstimmung mit Landrat Klaus Peter Schellhaas eingeladen hatte. Dort sei es endlich zum Durchbruch gekommen durch einen Kompromissvorschlag des Landrats, den Bazan folgendermaßen beschreibt: Als Standort für das NEF wird Dieburg bestätigt. Die ärztliche Besetzung erfolgt je zur Hälfte mit Notärzten aus der Kreisklinik und dem Rochuskrankenhaus. Der Wechsel soll wöchentlich erfolgen. Das Fahrzeug wird vom Johanniter-Regionalverband Darmstadt-Dieburg gestellt. Ab 1. Januar 2010 soll es losgehen. ,,Das kann ich im Wesentlichen bestätigen – mit Ausnahme des zeitlichen Ansatzes", schränkte gestern der Landrat gegenüber dem ECHO ein. ,,Erst wenn durch den Rettungsdienstleiter abschließend eine Stellungnahme vorliegt, kann über einen Start gesprochen werden. Hier geht eindeutig Sorgfalt vor Schnelligkeit." Der Landrat bedauert das nun zweijährige Gerangel um den benötigten zweiten Notarztwagen. ,,Denn eigentlich ist die Kooperation zwischen Rochus und Kreisklinik in der Notfallversorgung ein sehr positives Signal."