Explosion im Schulungsraum

Text und Fotos von Verena Scholze www.Da-imNetz.de

Verzweifelte Hilfeschreie gellen aus dem offenen Fenster im zweiten Stock des Gebäudes der Firma Stihl. Eine dichte Qualmwolke steigt in die Luft. Die Person am Fenster gestikuliert wild.

Mit einem Megafon bewaffnet versucht der Fahrzeugführer, die Person im Obergeschoss zu beruhigen, was ihm nach wenigen Minuten auch gelingt. „Im Gebäude befinden sich 15 zum Teil schwer verletzte Personen die gerettet werden müssen“, erhalten die Feuerwehrleute die Information vom Fahrzeugführer, der ihnen die ersten Anweisungen erteilt.

Mit Atemschutzmasken ausgestattet dringt der erste Trupp ins das brennende Gebäude vor. Dichter Qualm schlägt den Männern der Freiwilligen Feuerwehr entgegen, die Sicht ist gleich null. Die ersten Verletzten können direkt hinter der Tür geborgen und ins zunächst noch sichere Treppenhaus gebracht werden. „Eine Person ist ansprechbar“, gibt der Feuerwehrmann durch. „Die andere Person ist durch Verbrennungen schwer verletzt und muss abtransportiert werden“, ordnet er an und bringt die Verletzte vorsichtig in die stabile Seitenlage.

Eine beängstigende und gefährliche Situation, in der jedoch auf den zweiten Blick der helle Rauch auffällig ist, der dem Einsatzteam auf dem Stockwerk entgegen wabert. Dieser ist im Volksmund auch als „Disconebel“ bekannt. Und die ersten Verletzten, die geborgen werden, haben ein Lächeln auf den Lippen. Denn bei den dramatischen Szenen, die hier so effektvoll einen Ernstfall simulieren, handelt es sich in Wirklichkeit um die Jahresabschlussübung der Freiwilligen Feuerwehren Dieburg und Münster.

Bereits Tage zuvor wurde die spektakuläre Szenerie erarbeitet, um für die Wehren den Ernstfall zu simulieren. „Im Schulungsraum der Firma Stihl gab es eine Explosion, bei der die Teilnehmer verletzt wurden. Durch die Explosion wurde das angrenzende Gebäude beschädigt und ein Übergreifen der Flammen muss verhindert werden“, skizziert Richard Vater, Pressesprecher der Feuerwehr Dieburg, die Vorgaben. So fand im Vorfeld auch eine Ortsbegehung der Führungskräfte statt, um die Übung vorbreiten zu können. Neben den beiden Wehren waren auch die Helfer der Johanniter Unfallhilfe beteiligt, um sich um die Erstversorgung der „Verletzten“ kümmerten. „Es sind zumeist Verbrennungen und Rauchvergiftungen“, erklärt Vater.

„Wir unterstützen uns auch im Ernstfall“

Bereits seit einigen Jahren wird die Jahresabschlussübung der Dieburger und Münsterer Wehren gemeinsam durchgeführt. „Wir unterstützen uns auch im Ernstfall“, erklärt Florian Kiesling, Gemeindebrandinspektor in Münster. So hilft die Münsterer Feuerwehr den Dieburgern nicht nur bei der Menschenrettung und Brandbekämpfung, auch stellt sie bei der Übung das Teleskopmastfahrzeug 32, da sich das Dieburger Drehleiterfahrzeug derzeit zur Inspektion befindet. „Solche Informationen liegen uns für den Ernstfall vor“, sagt Kiesling.

Insgesamt rückten 40 Dieburger und 48 Münsterer Feuerwehrmänner mit zwei Tanklöschfahrzeugen, fünf Löschfahrzeugen, einem Teleskopfahrzeug, zwei Wechselladern und zwei Einsatzfahrzeugen an, um diesen simulierten Ernstfall unter Kontrolle zu bringen und die Menschenleben zu retten. Die Johanniter stellten zusätzlich drei Fahrzeuge und zehn Helfer bei der Übung.

„Jeder Einsatz sieht anders aus“

Ständige Aus- und Fortbildung der Einsatzabteilungen sind bei beiden Wehren an der Tagesordnung, um für den Ernstfall fit zu sein. So finden im Jahr über 20 Übungen statt. „Jeder Einsatz sieht anders aus und was wir simulieren, ist unser üblicher Feuerwehralltag“, sagt Kreisbrandinspektor Ralph Stühling, der die Übung aufmerksam verfolgt.

Nach einer guten Stunde ist der Einsatz erfolgreich bewältigt. „Alle verletzten Personen konnten durch das Treppenhaus und über das Telekopfahrzeug gerettet werden“, sagt Kiesling zufrieden.